Lehnarten (Lenarty)

Ehemaliger Landkreis: Treuburg – Heutiger Kreis (Powiat): Olecko

‍Vorderfassade

Herzog Albrecht von Preußen verlieh in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts einem Balthasar Zenger das Gut Kujawa und als Beigabe das Lehnarten genannte Land am Flüsschen Weiss (Biała). Im 17. und 18. Jahrhundert waren polnische Adelsfamilien Eigentümer oder Pächter des Landgutes. Erst zur Zeit der Erbauung des Herrenhauses wurde Lehnarten Hauptsitz des Gutes, Kujawa zum Vorwerk. Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte Gut Lehnarten in die Hände der Familie Tolsdorff. Ilse Wachsmann, verwitwete Tolsdorff, war die Besitzerin bis zu ihrem Tod im Jahr 1943. Ihr zweiter Ehemann Bruno Wachsmann, 1921 bis 1933 amtierender Landrat des Kreises Oletzko/Treuburg, bewirtschaftete das Gut ab 1933.

Außer Viehzucht wurde auf den knapp 700 Hektar Land auch industrieller Gartenbau betrieben. Neben großen Gemüse- und Obstbauanlagen gehörten eine Brennerei (Kartoffelbrand) und eine Molkerei zum Anwesen.

Im Ersten Weltkrieg zerstörten Soldaten der russischen Armee den Hof. Im großen Ballsaal des Herrenhauses richteten sie ein Lazarett ein. Der Besitz wurde nach dem Zweiten Weltkrieg verstaatlicht. Das 1946 gegründete staatliche landwirtschaftliche Staatsgut richtete im einstigen Herrenhaus Wohn- und Büroräume, eine Kantine für die Mitarbeiter und einen Kindergarten ein.

Vom einst weiträumig angelegten Anwesen ist wenig erhalten geblieben. Nach der Auflösung des Staatsgutes übernahm ein privater Pächter den Hof, von dessen Wirtschaftsgebäuden nur wenige die Zeiten überdauerten.

Das klassizistische Herrenhaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts steht auf einer kleinen Anhöhe. Der als Kniestockhaus errichtete eingeschossige Bau deckte ein Satteldach. Zweigeschossige Risalite mit Dreiecksgiebeln gliederten die Längsseiten. Den Frontrisalit schmückte ein von vier Pfeilern getragener Vorbau. Eine große Auffahrt führte zum Eingangsbereich. Auf der Gartenseite befand sich eine Terrasse, darüber ein ebenfalls von vier Pfeilern getragener Balkon. Den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überstanden, wurde das ehemalige Herrenhaus in den letzten Jahrzehnten so verwüstet, dass sich die einstige Schönheit des zur Ruine verkommenen Baus nicht einmal erahnen lässt. Teile des Daches, Fenster und Türen sind verschwunden, Mauer- und Balkenwerk zerstört. Geplündert ist der große Ballsaal, dessen eingestürzter Boden den Blick in den Gewölbekeller freigibt. Verschwunden die breite Wendeltreppe aus Eichenholz, die einst in das Obergeschoss führte. Nur vereinzelte Reste von Dekorelementen sind noch an der Decke eines Raumes und der Außenfassade zu sehen.

Vom ehemaligen Landschaftspark mit Teich blieb ein Teil des alten Baumbestandes erhalten. Eine Lindenallee führte zum aus dem 19. Jahrhundert stammenden Friedhof der Gutsbesitzerfamilie, deren Gräber nicht mehr zu finden sind. (Stand 8/2022)


Letzter Besitzer vor 1945: Frau Landrat Ilse Wachsmann, verw. Tolsdorff


12 km nördlich von Treuburg (Olecko)

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