Pellen (Piele)

Ehemaliger Landkreis: Heiligenbeil – Heutiger Kreis (Powiat): Braniewo

‍Einstiger Westflügel - Ansicht von Süd

Nur knapp drei Kilometer südlich der Grenze zu Nordostpreußen (heutige russische Exklave Kaliningrad) liegt das ehemalige Rittergut Pellen, das bereits Ende des 14. Jahrhunderts angelegt wurde. In einer Urkunde vom 29. September 1383 fand es unter dem Namen Pellin als Ordenshof, der Vieh- und Pferdezucht sowie Ackerbau betrieb, erstmals Erwähnung. Ab 1412 befand sich dort auch ein Wirtschaftshof des Kammeramtes Zinten (Cynty, russisch Kopʜeвo)  der Komturei Balga (Balga, Ƃальга). Neben den Gästezimmern für durchreisende Ordensritter stand für den Komtur ein eigenes Gastzimmer zur Verfügung. Diese Komturkammer hielt als außerordentlichen Luxus ein Federbett bereit.

Die Verwüstungen während des Einfalls der Polen in Preußen im Jahre 1414 und des Reiterkrieges des Ordens gegen Polen im Jahre 1520 ließen Herzog Albrecht von Preußen den Ordenshof auflösen.

1527 verlieh er dem Claus von Auer, im Jahr 1521 Hauskomtur zu Balga, den Besitz einschließlich des Guts Hasselpusch (Zagaje), der Schänke, der Mühle und der Kirche.

1780 verkaufte der Tribunalsrat (Strafgerichtsrat) Friedrich Ludwig von Auer das Anwesen der Familie an Johann Friedrich von Domhardt, einen der bedeutendsten Verwaltungsbeamten Preußens dieser Zeit. Dieser verstarb jedoch nur ein Jahr nach dem Kauf. Danach ging das Gut durch die Hände verschiedener Eigentümer, bevor es der Landschaftsdirektor Albrecht von Brandt 1827 erwarb. Bis 1945 blieb das Gut in Familienbesitz. Hans Hugo von Brandt, der letzte deutsche Eigentümer, überlebte die sowjetische Kriegsgefangenschaft nicht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand auf der einstigen Gutsanlage ein staatlicher Landwirtschaftsbetrieb.

Das ehemalige Herrenhaus wurde im 18. Jahrhundert auf den Fundamenten eines älteren Baus auf rechteckigem Grundriss errichtet. Den eingeschossigen Bau deckte ein hohes Mansardendach. Die Vorderfassade gliederte ein zweigeschossiger Mittelrisalit, dessen Dreiecksgiebel das Familienwappen derer von Brandt zierte. Vor dem Risalit und an der Parkseite befanden sich hölzerne Veranden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts  wurden ein Westflügel und ein Ostflügel ergänzt. Die mit flacheren Mansardendächern gedeckten Seitenflügel standen für sich und waren nicht mit dem Hauptteil verbunden. Die drei Bauten bildeten ein „U“, in dessen Mitte eine große kreisförmige Auffahrt zum Haupteingang des Herrenhauses führte.

Nach 1945 entstanden im Hauptbau und den Seitenflügeln Wohnungen für die Angestellten und Büros des staatlichen Gutes. Ab Ende der 1950er Jahre nutzte der Betrieb das Haupthaus nicht mehr. Ebenso wie der Hauptteil, der die Zeiten nicht überstand, verfiel der noch Mitte der 1980er Jahre bestehende Ostflügel.

Der erhalten gebliebene Westflügel zeigt sich im renovierten Zustand. Das Dach ist dicht. Es wurden neue Fenster eingebaut, der Putz ausgebessert, die Außenwände gestrichen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfügte das Gut mit seinen zwei Vorwerken über 950 Hektar Land. Ab 1905 gab es eine dampfbetriebene Brennerei. Der große Wirtschaftshof ist verschwunden. Ein Teil des alten Landschaftsparks aus dem 18. Jahrhundert, der das Herrenhaus einst umgab, existiert noch, ist jedoch verwildert.

Der einstige Westflügel des Herrenhauses ist bewohnt. (Stand 12/2022)


Letzter Besitzer vor 1945: Hans Hugo von Brandt


33 km östlich von Braunsberg (Braniewo)

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