Thymau (Tymawa)

Ehemaliger Landkreis: Osterode – Heutiger Kreis (Powiat): Ostróda

‍Vorderfassade

Die Geschichte des am Westufer des Thymausees (Jezioro Tymawskie) gelegenen alten Rittergutes Thymau beginnt bereits im Mittelalter. Im Jahre 1328 findet der Ort erstmals urkundliche Erwähnung, nachdem Luther von Braunschweig, Komtur von Christburg, einem Nikolaus von Cobelau (Kowallek) das Siedlungsrecht für dieses Land erteilte. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten mehrfach die Eigentümer. Vom 18. bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Anwesen in den Händen der Familie von Brandt. Danach erwarb Theodor von Wernitz das Gut. Seine Kinder kamen dort in den 1840/50er Jahren auf die Welt. Sohn Theodor, ein preußischer Generalleutnant, erbte im Jahr 1883 den Besitz. Als er 1922 verstarb, gehörten zum Gut 1224 Hektar Land, 47 Pferde, 53 Rinder, 400 Schafe und 26 Schweine. Seine Tochter Martha übernahm das Anwesen, das sie gemeinsam mit ihrem Mann Gerhard Walzer bis 1945 bewirtschaftete. Neben der Brennerei betrieben sie im Jahr 1932 eine anerkannte Saatgutwirtschaft, vergrößerten den Bestand an Rindern und Schweinen, hielten jedoch keine Schafe mehr. Im Laufe der Zeit gehörten die Vorwerke Klein Thymau, Mühlen, Groß Lauben und Klein Lauben zum Gut Thymau.

Ein erstes Herrenhaus entstand am Ende des 16. Jahrhunderts. Das heute noch existierende  Herrenhaus, dessen Fassaden klassizistische Dekorelemente schmücken, ließ die Familie von Wernitz im Jahre 1891 errichten. Den zweigeschossigen Bau deckt ein hohes Krüppelwalmdach, um das Dachgeschoss zu Wohnzwecken nutzen zu können. Die Vorderfassade gliedert ein leicht vorspringender, dreigeschossiger Mittelrisalit. Davor befindet sich ein massiver, breiter Vorbau, dessen zweiflügelige Eingangstür und die beiden Fenster von imposanten Halbsäulen flankiert werden. Ein halbkreisförmiges Fenster zierte einst den Dreiecksgiebel des Risalits. An der östlichen Giebelwand finden sich drei ebensolche halbkreisförmigen Fenster sowie ein zweigeschossiger polygonaler Standerker. Beim Bau des Hauses  wurde an der westlichen Giebelseite ein großer eingeschossiger Anbau mit einem darüberliegenden Balkon errichtet. An der rechten Hausecke der Parkseite entstand im Erdgeschoss ein Wintergarten, daneben eine offene Veranda, von der eine Treppe hinab zum Park führte.

Nach einem Entwurf des Landschaftsarchitekten Johann Larass wurde der weitläufige Park, der sich bis hinunter zum See erstreckt, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angelegt. Auf einer Anhöhe ist dort der Friedhof der Gutsbesitzerfamilie zu finden.

Eine große, im Oval angelegte Auffahrt befand sich einst vor der Frontseite des Herrenhauses, welches zwischen dem Park und dem früheren Wirtschaftshof steht. Der Bau einiger Wirtschaftsgebäude erfolgte 1891 zeitgleich mit dem Herrenhaus, andere wurden in den folgenden Jahrzehnten errichtet. So gehörten auch eine Reithalle und eine Brennerei zum Gut.

Nach 1945 übernahm ein staatlicher Landwirtschaftsbetrieb das einstige Gutsgelände, von dem nur die Brennerei den Zweiten Weltkrieg nicht überstand. In den 1970iger Jahren diente das ehemalige Herrenhaus als Ferienheim. Nach der Auflösung des Landwirtschaftsbetriebes im Jahr 1992 übernahm die Staatliche Agentur für Landwirtschaftliche Immobilien die Anlage und verkaufte sie 1996 an eine Firma. Seit Jahren verlassen, verwildert das Anwesen, dessen Gebäude wohl dem Verfall preisgegeben sind.

Von der einstigen Schönheit des Herrenhauses ist nur noch wenig zu entdecken. Bauliche Maßnahmen veränderten das Äußere des Gebäudes total. Ein nach 1945 an der Parkseite angebauter Speisesaal wurde ebenso abgerissen wie der Wintergarten und die offene Veranda. Auch der Anbau der Westfassade existiert nicht mehr. Der Vorbau der Vorderfassade wurde mit einem Dach so gedeckt, dass dahinter Fenster verschwanden. Fledermausgauben mussten bei Dacharbeiten mehreren Flachdachgauben weichen. Die vor Jahren begonnenen Arbeiten im Dachgeschoss wurden bereits vor einiger Zeit abgebrochen. Den neu errichteten Dachstuhl deckt ein Dach, dessen Dachpappe sich durch Wind und Wetter schon wieder gelöst hat. Im Inneren des Gebäudes sind Geschossdecken teilweise eingestürzt. Der Putz bröckelt großflächig von den Außenwänden, eindringendes Wasser schädigt das Mauerwerk. Einzig der dekorative Vorbau mit seiner originalen Eingangstür kann noch beeindrucken.   

Die Dächer der wenigen Gebäude des Wirtschaftshofes, die die Zeiten überstanden haben, sind zum Teil eingestürzt. An den Mauern des Herrenhauses und den Wirtschaftsgebäuden wachsen kleine Bäume und Sträucher, deren Wurzeln in die Gemäuer dringen. Die Natur erobert sich das Gelände des einstigen Wirtschaftshofes langsam zurück. (Stand 7/2020)


Letzter Besitzer vor 1945: Martha und Gerhard Walzer


15 km südlich von Hohenstein (Olsztynek)

Zurück zur Übersicht