Trautzig (Track)

Ehemaliger Landkreis: Allenstein – Heutiger Kreis (Powiat): Olsztyn

‍Vorderfassade

Das einstige Gut Trautzig liegt idyllisch am nördlichen Ufer des Trauziger Sees (Jezioro Trackie). Seine Geschichte reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Im Gründungsprivilegium der Stadt Allenstein aus dem Jahre 1353 wird die Siedlung Drawken (später Trautzig) erstmals erwähnt. Am 7. Mai 1410 wird diese in ein Lehen umgewandelt und als adlig kulmisches Gut verschrieben. Ab 1656 war das einstige Rittergut im Besitz der polnischen Adelsfamilie Grzymała zu Mora. Der berühmteste Sohn dieser Familie, ein ermländischer Kanoniker, wurde 1737 im Frauenburger Dom beigesetzt. Im 18. Jahrhundert gehörten auch die Güter Nickelsdorf und Sechshuben zum Besitz der Grzymałas. In den 1820er Jahren musste der damalige Besitzer Wilhelm Anton Romulus Grzymała das 312 Hektar große Gut aus finanziellen Gründen an den preußischen Staat verkaufen. Der Kauf des Anwesens durch den Staat hatte den Hintergrund, dass dieser seinen Einfluss auf ermländischen Boden stärken  wollte, da sich zu dieser Zeit noch etliche Güter in polnischer Hand befanden.  

1832 pachtete der Premierlieutnant Johann Georg Belian das Gut, dessen Eigentümer er mit dem Kauf am 18. Dezember 1846 wurde. Sein ältester Sohn Oskar war von 1877 bis 1908 Bürgermeister der Stadt Allenstein, die unter ihm  zur zweitwichtigsten Stadt Ostpreußens nach Königsberg wurde.

August Anhuth erwarb 1864 das Gut von der Familie Belian. Ihm folgten Ludwig Hartmann und Ende der 1870er Jahre ein Herr Segler als Besitzer des Anwesens. Hartmann und Segler betrieben beide eine Gutsbrauerei. 1906 kaufte der preußische Staat erneut die gesamte Gutsanlage. Pächterin der nun Staatlichen Domäne  war Frau Segler. Um 1912 zählten 33 Pferde, 82 Rinder, 106 Schafe und 180 Schweine sowie 560 Obstbäume zum Bestand der Domäne. Als Pächter wird in den Jahren 1922 und 1932 Karl Orlowski aufgeführt. Während der Bestand an Pferden gleich blieb, stieg er bei den Rindern auf 100 Tiere. Es gab 100 Schweine. Waren es 1922 noch 200 Schafe, wurden im Jahr 1932 keine mehr gehalten. Dem Pächter war das Torfstechen zum eigenen Bedarf erlaubt.

Das ehemalige Gutshaus stammt vom Ende des 18. Jahrhunderts. Bauherr war Romulus Lorenz Arnold Grzymała. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde eine Veranda angebaut. Ein Krüppelwalmdach deckte das eingeschossige Gebäude. Flache, zweigeschossige Mittelrisalite gliedern die Längsseiten des Hauses. Dreiecksgiebel mit Rundfenstern im Giebelfeld krönen die Risalite. Rundbogenfenster finden sich im Obergeschoss des Risalits der Seeseite und im massiven Eingangsvorbau, zu dem eine Treppe führt. Zwei halbrunde Fenster zieren die Giebelseiten.

Von 1948 bis zum Beginn der 1990er Jahre nutzte ein staatlicher Landwirtschaftsbetrieb die ehemalige Gutsanlage. Im Gutshaus entstanden Wohnungen für Mitarbeiter. Nachdem das Gebäude von der Staatlichen Agentur für Landwirtschaftliche Immobilien übernommen wurde, befanden sich dort Sozialwohnungen. 2007 ging das Gutshaus in das Eigentum der Stadt über. Seitdem verfiel das unter Denkmalschutz stehende Haus immer mehr. 2015 wurde das Gebäude gesichert, Fenster und Türen zugemauert. Als problematisch für die Restaurierung galt die Lage, da es bis auf eine alte, für Autos nicht zugelassene Eisenbahnbrücke keine direkte Zufahrt gibt, was die Anfahrt und den Transport von Baumaterialien erschwert. Im April 2022 begannen jedoch endlich die ersten Arbeiten zur Rettung des jahrelang leerstehenden Gebäudes. Anbauten an der See- und den Giebelseiten wurden abgerissen. Im Sommer 2023 wurde der neue Dachstuhl errichtet.

Neben dem Gutshaus haben Wirtschaftsgebäude und der verwilderte Park mit alten, mächtig imposanten Bäumen die Zeiten überlebt. Ein im Park gelegenes Kellergewölbe lädt zu Spekulationen ein, ob es sich um das Familiengrab der Grzymałas handeln könnte oder ob es einfach nur ein Lagerraum für Obst und Gemüse war.

Am Rande des Parks befinden sich die Überreste eines Friedhofs mit dem Grab von Johann Georg Belian. Auf seinem Grabstein, einem der ältesten der Stadt Allenstein, steht die Inschrift: 30 Jahre Besitzer 1800-1868. Obwohl er nicht in Trautzig verstarb und das Gut zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sein Eigentum war, wurde er seinem Wunsch entsprechend auf dem Familienfriedhof begraben. (Stand 7/2023)


Letzter Besitzer vor 1945: Staatliche Domäne


Vorort (nordöstlich) von Allenstein (Olsztyn)

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